Namenspatron - Ritter von Trapp


Georg Ritter von Trapp

Am 14. Mai 1915 besuchte einer der im Ersten Weltkrieg erfolgreichsten deutschen U-Bootkommandanten, Kapitänleutnant Otto Hersing, der mit seinem Boot „U 21“ gerade zu den heftig umkämpften Dardanellen unterwegs war und in Cattaro Treibstoff und Proviant übernommen hatte, das in der Bucht liegende k.u.k. Unterseeboot „U 5“. Nach einem kurzen Rundblick im Unterseeboot meinte Hersing zum Kommandanten dieses Bootes kopfschüttelnd: „Ich würde mich weigern auf so einem Kahn zu fahren!“

Tatsächlich war der technische Standard der sieben bei Kriegsausbruch vorhan- denen österreichisch-ungarischen Unterseeboote weit unter den der Unterseeboote anderer Seemächte einzustufen. Admiral Anton Haus, der Oberbefehlshaber der k.u.k. Kriegsmarine, konnte sich lange Zeit nicht für diese Art von Kriegsschiffen erwärmen, die eher als technische Finessen aus den Konstruktionsabteilungen von wenig ausgelasteten Marineingenieuren gesehen wurden. Sie waren, wenn man die Kriegstagebücher der U-Boote liest, manchmal für die eigene Besatzung mindestens so gefährlich wie für den Gegner. Tauchpannen kamen immer wieder vor, bei denen Batterieabgase der fast gesamten Besatzung das Bewusstsein raubten und zu schweren Vergiftungen führten. Lange Intervalle bis zum Fluten des Tauchtanks führten dazu, dass die Boote durch gegnerische Kriegsschiffe, meist schnelle Zerstörer, noch an der Wasseroberfläche unter heftigen Beschuss geraten konnten und fallweise sogar durch einen Rammstoß versenkt wurden. Ihre Besatzungen galten vor dem Sommer 1914 auch in der k.u.k. Kriegsmarine als Exoten, die fallweise penetrant nach Petroleum rochen und die immerhin eine Fahrt- und Tauchzulage zwischen „acht und drei Kronen täglich, ... unabhängig von der Dauer der Fahrt oder Tauchung“ erhielten.

Hatten die wesentlich moderneren deutschen U-Boote schon in den ersten Kriegsmonaten spektakuläre Erfolge gegen britische Kriegsschiffe in der Nordsee erzielt, so ließ die Waffentat der Besatzung des k.u.k. U-Boots „U 12“ unter dem Kommando von Linienschiffsleutnant Egon Lerch am 21. Dezember 1914 aufhorchen. Unweit der albanischen Küste hatte er sich mit seinem Boot an einen großen französischen Flottenverband, der die Otrantostraße blockierte, herangearbeitet und es war ihm schließlich gelungen, dem modernen französischen Schlachtschiff „Jean Bart“ zwei Torpedotreffer im Vorschiff beizubringen, die es so schwer beschädigten, dass es für weitere Operationen im Krieg ausfiel. Lerch hatte allerdings während seiner Dienstleistung als Zweiter Offizier auf „U 6“ im Jahre 1912 einen Lehrmeister als Kommandanten gehabt, der wenige Monate später einen weiteren Erfolg gegen ein feindliches Kriegsschiff erringen sollte: Linienschiffsleutnant Georg Ritter von Trapp. Am 22. April 1915 hatte dieser das Kommando über das 273t große Unterseeboot „U 5“ übernommen. Nachdem er das Kommando über das Torpedoboot „52“ abgegeben hatte, war er nun zu seiner Waffe, die ihn schon vor Kriegsausbruch fasziniert hatte, zurückgekehrt.

Seiner 15 Mann starken Besatzung sagte er bei der Kommandoübernahme: „Das Wichtigste ist: Wir müssen uns aufeinander unbedingt verlassen können. Ich muss euch vertrauen und ihr mir, wenn wir Erfolg haben und unser Boot immer heil zurückbringen wollen. Es kommt auf jeden Einzelnen an!“. Bereits 45 Stunden später befand sich das U-Boot „U 5“ auf Feindfahrt unter seinem neuen Kommandanten. Die Straße von Otranto, in der nach wie vor britische und französische Kriegsschiffe kreuzten und die jeden österreichischen Versuch mit Überwasserschiffen aus der Adria auszubrechen verhindern sollten, war das Operationsgebiet.

Für mehr als 16 Stunden verfolgt Trapp ein großes Kriegsschiff, das sich schließlich als französischer Panzerkreuzer, erweisen sollte. Immer lief er aufgrund seiner wesentlich höheren Geschwindigkeit aus dem Schussbereich des Bootes ab, ohne allerdings die tödliche Gefahr, die oft nur wenige hundert Meter entfernt lauerte, bemerkt zu haben.

Um 0032 Uhr des 27. April 1915 befand sich das Boot getaucht in Schussposition. Aus den beiden Torpedorohren fuhren die beiden Torpedos auf das Ziel, das nur 500 Meter entfernt war, zu. Zwanzig Sekunden später waren zwei dumpfe Detonationen zu hören. Ein Blick durch das Periskop zeigte ein tödlich getroffenes Schiff, das binnen zwanzig Minuten von der Wasseroberfläche verschwunden war. In seinem Erinnerungsbuch aus dem Jahre 1935 „Bis zum letzten Flaggenschuss“ schilderte Georg Ritter von Trapp zwanzig Jahre später seine Erlebnisse und auch seine Gedanken dieser denkwürdigen Nacht:

„... achtern des todwunden Feindes ... kreuzt das U-Boot dessen Kurs. Er liegt stark auf seiner Backbordseite und versucht, Boote auszusetzen. Es muss ein furchtbarer Zustand an Bord herrschen. Die Lichtmaschinen stehen und im Schiff ist alles dunkel. In der plötzlichen unheimlichen Finsternis findet sicher niemand die geschlossenen Schottentüren. Das einbrechende Wasser, die schrägen Fußböden, die plötzlich schief gestellten Stiegen, die Kesselexplosion all das muss ärgste Verwirrung und verzweifelte Todesangst verbreitet haben. Auf Steuerbord können gar keine Boote gestrichen werden, dazu liegt das Schiff zu sehr nach Backbord über. Es geht alles sehr schnell. Zusehends wird die Silhouette im Sehrohr kleiner. Nur noch ein dünner Strich ist zu sehen, jetzt ist auch der weg. Neun Minuten nach dem Schusse. Das U-Boot taucht auf. Nichts, gar nichts ist in Sicht, nur im Wasser treiben fünf Boote. Eines davon hat ein Licht. Alle Achtung, dass die Franzosen noch so viele unbeschädigt ins Wasser gebracht haben. ´Seyffertitz, jetzt haben wir den Salat!´ sagt der Kommandant zu seinem zweiten Offizier, ´Was fangen wir jetzt mit diesen Franzosen an?´ Beide Offiziere überlegen miteinander - In das kleine U-Boot kann kein Mann mehr mitgenommen werden Es verträgt kein Mehrgewicht, ohne tauchunfähig zu werden. Auf Deck kann man sie auch nicht stehen lassen. Wenn das Boot tauchen muss, müssten sie schwimmen, Da sind sie so in ihren Booten noch sicherer. Viele können ja doch nicht übrig geblieben sein. Also so schaut der Krieg aus! Da hinter ihm sind Hunderte von Seeleuten ersoffen, Menschen, die ihm gar nichts getan haben, die ihre Pflicht befolgen wie er selbst, gegen die er persönlich gar nichts hat, mit denen er sich im Gegenteil schon durch den gleichen Beruf verbunden fühlt. An die siebenhundert Mann müssen mit dem Schiffe gesunken sein. Da wendet er sich zu seinem Zweiten: ´Du, Seyffertitz, es ist grauslich, unser Handwerk! Wie ein Wegelagerer muss man sich da an so ein ahnungsloses Schiff anschleichen, feig aus dem Hinterhalt! Wenn man wenigstens im Schützengraben wäre oder auf einem Torpedoboot, das wäre was anderes! Aber wir! Einfach kaltblütig aus dem Hinterhalt massenhaft Leute ersäufen!´ ´Jawohl, Herr Kommandant!´
´Hol‘ Dich der Teufel mit deinem Jawohl! Schlaf‘ nicht, red‘ was!´ ´Was Hinterlist! Können wir nicht jeden Moment selbst anlanciert werden oder auf Minen kommen? Im englischen Kanal haben sie bereits Netze gegen U-Boote gelegt, es soll sogar schon Horchapparate geben, mit denen sie uns ablauschen können! Du, die werden noch allerhand erfinden, dass uns unser Brot sauer machen wird. Wir sind halt keine Hurra-Waffe:´ ´Hast recht, Seyffertitz! Gegen die Staatsmänner, die mit Verleumdungen arbeiten, internationale Abmachungen verdrehen, neutrale Staaten terrorisieren ... gegen die ist ein U-Boot noch ein anständiger Kerl!´“

Tatsächlich müssen sich fürchterliche Szenen in dem rasch sinkenden Panzerkreuzer „Leon Gambetta“ abgespielt haben. Als der Befehl zum Verlassen des Schiffes für die Besatzung durchgegeben worden war, drängte alles in Panik zu den Rettungsbooten. Admiral Senes, der von Bord des Panzerkreuzers die 2. französische Kreuzerdivision befehligt hatte, hatte den Matrosen zugerufen: „Drängt euch nicht Kinder, die Boote sind ja für euch da. Wir bleiben hier.“ Unter den 137 später geretteten Schiffbrüchigen befand sich kein Offizier. Auch auf der „anderen Seite“ konnte man Ritterlichkeit, Fürsorglichkeit und ein Einlösen des Schwures, ähnlich wie „Treu bis in den Tod“, finden. „U 5“ lief unter dem Jubel der angetretenen Schiffsbesatzungen der k.u.k. Kriegsschiffe in die Bucht von Cattaro ein. Ein winziges Unterwasserschiff hatte einen Panzerkreuzer mit mehr als vierzigfacher Wasserverdrängung schlagartig vernichtet. Ein weiterer deutscher U- Boot-Kommandant, Kapitänleutnant Max Valentiner, der ebenfalls mit seinem „U
38“ von Cattaro aus operierte, sprach wie sein Kamerad Hersing mit größter Hochachtung von Georg Ritter von Trapp: „Mit den kleinen unmodernen U-Booten hatten diese Männer es verstanden, uns alle, ja die Welt in Staunen zu versetzen“.

Zweifellos mag es für die damaligen Admiralsstäbe als Schock gewirkt haben, dass riesige Kriegsschiffe extrem verwundbar gegen diese neue gefährliche Marinewaffe waren.

Speziell die deutschen U-Boote waren schon 1914 zweifellos ein neues Waffensystem, von dem sich die gegen die Royal Navy in der Flottenrüstung unterlegene deutsche Flotte die Erringung eines strategischen Vorteiles erhoffte. Die U-Boote sollten aber nicht nur feindliche Kriegsschiffe bekämpfen, sondern auch den Überseehandel Großbritanniens durch die Versenkung gegnerischer Handelsschiffe lahm legen. Damit fielen jedoch auch Zivilisten, Matrosen und Passagiere dem Krieg auf See zum Opfer.

Großbritannien und schließlich auch die anderen alliierten Mächte bewaffneten nun ihre Handelsschiffe, setzten U-Boot-Fallen, so genannte „Q-Schiffe“ mit getarnter Bewaffnung, ein, die, wie es bereits 1915 vorgekommen war, die Überlebenden zweier vernichteter deutscher U-Boote, wie „U 27“ und „U 41“, ermordeten. Horchgeräte, Wasserbomben, Minen, Flugzeugbomben und Netze ließen in der Nordsee, aber auch im Mittelmeer und hier wiederum besonders in der scharf überwachten Otranto-Straße die Verluste an U-Booten der Mittelmächte bis 1918 rapid ansteigen.

Die k.u.k. Unterseeboote führten mit ihren insgesamt 27 Booten den Krieg. Am Ende des Krieges sollte der erfolgreichste österreich-ungarische U-Bootkommandant Georg Ritter von Trapp heißen, den die höchste Tapferkeitsauszeichnung der Habsburgermonarchie für Offiziere, der Militär-Maria-Theresienorden schmückte.

Aber wie war Georg Ritter von Trapp zu dieser neuen, unheimlichen Waffe gekommen?

Blenden wir nun streiflichtartig in die Jugend Georg Ritter von Trapps zurück. Geboren am 4. April 1880 in Zara und aufgewachsen in Pola, verlor Georg bereits mit vier Jahren seinen Vater, einen verdienten Fregattenkapitän. Der Sohn hatte die Liebe seines Vaters zur Marine wohl geerbt und trat nach dem Besuch der Marineakademie in Fiume mit 18 Jahren als Seekadett 2. Klasse in die k.u.k. Kriegsmarine ein. Ausbildungsreisen auf romantischen Segelschiffen folgten Kommandos auf dem alten Schlachtschiff „Tegetthoff“ und dem Panzerkreuzer „Kaiserin und Königin Maria Theresia“. Mit diesem Schiff nahm der junge Trapp im Sommer 1900 an der Niederschlagung des Boxer-Aufstandes in China teil, wo er bei der Erstürmung des Peitan-Forts auch den Kampf zu Lande kennen lernte. Für seine Waffentat wurde er schon damals mit der Silbernen Tapferkeitsmedaille 2. Klasse ausgezeichnet. Dem strebsamen und allem Neuen aufgeschlossenen jungen Seeoffizier scheint die moderne Technik auf allen Gebieten interessiert zu haben, denn es gab keinen Kurs, den er nicht mit großem Erfolg absolvierte, Besonders das noch in den Kinderschuhen steckende Unterseebootwesen hatte es ihm angetan. Nach dreijähriger Vorbereitung versah er Dienst auf der „U 6“, wo er drei Jahre praktische Erfahrung sammeln konnte. Nach der Versenkung der „Leon Gambetta“ gelang Trapp am 2. August 1915 noch die Aufbringung eines griechischen Kohlendampfers mit Prisenladung.

Schon im Oktober 1915 erhielt er das Kommando über ein hochmodernes U- Boot, nämlich „U 14“. Dieses war das ehemalige französische Unterseeboot „Curie“, das am 20. Dezember 1914 vor Pola in eine Netzsperre geraten und versenkt worden war. Nach der Bergung und zwei langwierigen Umbauphasen führte Georg Ritter von Trapp einen erfolgreichen Handelskrieg, bei dem elf alliierte Handelsschiffe mit 44.595 BRT versenkt wurden. Als nunmehriger Korvettenkapitän übernahm er am 1. Mai 1918 die U-Boot-Station Cattaro, die er bis zum „letzen Flaggenschuss“ führte.

Nach dem Zerfall der Habsburgermonarchie widerfuhr Georg Ritter von Trapp das Schicksal tausender Offiziere der k.u.k. Marine. Die Entscheidung welche neue Heimat man wählen sollte, fiel in keiner Weise leicht. Letztlich wurde als Wohnsitz Aigen bei Salzburg gewählt und die sicher nahe liegende Betätigung in der Handelsschifffahrt führte 1921 zur Gründung der Rhein-Donau-Expressschiffahrts AG, die bis 1930 zum Teil rentabel für das Auskommen der Familie sorgen konnte.

Ein schwerer Schicksalsschlag traf den Mann in den besten Jahren, als seine Frau Agathe, geb. Whitehead, die er im Jahre 1912 geheiratet und die ihm sieben Kinder geschenkt hatte, 1922 starb. Nach mehrjähriger Witwerschaft verehelichte er sich 1927 mit der Erzieherin seiner Kinder, Auguste Freiin von Kutschera, die Mutter dreier Kinder wurde und in den schweren Zeiten der späten dreißiger Jahre die wirtschaftlichen Probleme der Familie durch die Bildung einer Gesangsgruppe der Familie einigermaßen lindern konnte.

Als Österreich 1938 seine Existenz als souveräner Staat verlor und das NS-Regime erneut seine Herrschaft erweiterte, verließ Georg Ritter von Trapp seine Heimat.

Der zur Zeit der Emigration fast 60 Jahre alte Mann musste mit Frau und neun Kindern in der Neuen Welt im Bundesstaat Vermont/USA erneut den harten Lebenskampf aufnehmen. Mit Hilfe seiner Frau konnte er aber auch hier, unter vorerst schwierigen Umständen wieder Fuß fassen und mit der schon in Österreich bewährten musikalischen Tätigkeit als „Trapp Family Singers“ über die gesamten Vereinigten Staaten zu einer landesweiten Berühmtheit werden. Ein bis heute wirkendes, durchaus positives Österreich-Image wurde damals mitbegründet und der bescheidene Wohlstand ab 1945 auch dazu benutzt, den Not leidenden Landsleuten in Österreich mit der „Trapp Family Austrian Relief Inc.“ wirkungsvoll zu helfen.

Georg Ritter von Trapp konnte seine Hilfe nicht allzu lange fortsetzten und auch das Erleben der Wiedergewinnung der Souveränität Österreichs blieb ihm versagt. Am 30. Mai 1947 starb er nach schwerer Krankheit.

Meine Herren, Sie haben sich als Jahrgangsnamen den eines Mannes gewählt, der aus der k.u.k. Marine kam und Maria-Theresien-Ordens-Ritter wurde. Wie der Name des Marinefliegers Banfield, eines Ritters der Lüfte, ist der Name des U-Bootkommandanten Georg Ritter von Trapp mit dem eines „Ritters der Tiefe“ des Meeres verbunden, wie ihn Günther Schoemakers sehr treffend bezeichnet. Ein Mann, der ein wohl neues, aber noch unvollkommenes Waffensystem einzusetzen verstand, auf engstem Raum mit seiner Besatzung lebend und kämpfend, baute er durch seine Bildung, Kompetenz und Fürsorglichkeit zu seinen Untergebenen ein Vertrauensverhältnis auf, das einerseits Überleben und andererseits militärischen Erfolg gewährleistete. So bin ich mir sicher, dass er ohne jeden Zweifel ein Vorbild für jeden österreichischen Offizier, aber besonders für jeden Angehörigen des Jahrganges „Ritter von Trapp“ darstellt.

Dr. Wolfgang Etschmann