Namenspatron - Malborghet

Die Schlacht von Malborghet (14. bis 17. Mai 1809)

Am 14. Mai besetzten die Franzosen Malborgeth. Das Dorf leistet keinen Widerstand mehr, die Einwohner hatten vom Herannahen des Feindes Nachricht bekommen, ihre Sachen gepackt und so schnell als möglich die Flucht ergriffen. Die Kaiserlichen haben sich in die beiden befestigten Blockhäuser zurückgezogen, die an einem Berghang oberhalb der Ortschaft bollwerkartig zur Verteidigung des Tales angelegt worden waren. Der französische Kommandant, der mit seinen Soldaten schnell weiterkommen will, schickt sofort einen Emissär mit der Aufforderung zur Übergabe zu den Österreichern. Die beiden Blockhäuser am Hang werden von zweihundert Infantristen verteidigt. Es sind Ogulina-Grenzer, eine Elitetruppe, deren Tapferkeit weit über das Land hinaus bekannt ist. Nicht umsonst nennt man sie die „Sturmvögel”. Ein Zurückziehen kommt für sie gar nicht in Frage.

Elf Geschütze, bedient von 24 Artilleristen, unterstützen die Verteidiger. Die Geschütze können das ganze Tal bestreichen, ganz besonders den schmalen Bergpfad, der vom Ort bis hinauf zur Befestigungsanlage führt. Einige Geschützrohre sind auf den Weg gerichtet und die Artilleristen haben sich große Mühe gemacht, sie besonders gut einzuschießen. Dem Kommandanten der Verteidiger steht nur ein kleines Häuflein Getreuer zur Seite: 7 Offiziere, 200 Infan- tristen, 24 Artilleristen mit 11 Geschützen und 8 Mineure. Mit 239 Mann stehen die Österreicher einer französischen Armee gegenüber. Der Kommandant der Kaiserlichen ist achtundzwanzig Jahre alt, heißt Friedrich Hensel und hat den Rang eines Hauptmanns.

Das Jahr 1809 ist nicht besonders glücklich für die Kaiserlichen. Die Franzosen greifen auf der ganzen Linie an. Das kaiserliche Heer muss an zwei Fronten kämpfen. In Bayern steht Erzherzog Carl mit der Hauptarmee. Im Süden versucht sein Bruder, Erzherzog Johann, den Italienern und Franzosen standzuhalten. Am 16. April hat Erzherzog Johann die Schlacht bei Sacile gewonnen. Aber dieser Sieg war nicht kriegsentscheidend. Am 8. Mai wird er an der Piave geschlagen, am 13. Mai unterliegt er noch einmal bei San Daniele und Venzome. Nun befinden sich die Österreicher im Rückzug. Am 22. April war Erzherzog Carl bei Eggmühll in Bayern geschlagen worden und musste weichen. Im Süden zieht sich auch Erzherzog Johann zurück. Die französische Armee an der Südfront steht unter dem Befehl von niemand Geringerem als Vizekönig Eugene Beauharnais, dem Stiefsohn Napoleons. Der junge Vizekönig ist ehrgeizig, er will Sieg auf Sieg an seine Fahnen heften und tritt mit seinen Soldaten in erdrückender Übermacht an. Am 14. Mai hat die französische Avantgarde die kaiserlichen Truppen bis auf Malborghet zurückgedrängt. Die Kano- nen von Malborghet sollen nun den anrückenden Feind so lange wie möglich aufhalten, um für die Truppen Erzherzog Johanns Zeit zum Absetzen zu gewinnen und ihren Rückzug zu decken.

Die Verantwortung liegt bei dem jungen Hauptmann. Er ist gebürtiger Siebenbürge aus Kronstadt. Als Zögling absolvierte er die Wiener-Genie-Akademie, und wurde dort zum Offizier der Technischen Truppen ausgebildet. Nun ist er seit zwei Jahren Hauptmann. Als er nach Malborghet kam, erkannte er sofort die Bedeutung des Geländes. Oberhalb der Ortschaft, ungefähr vierhundert Meter von Malborghet entfernt, befindet sich eine kleine Anhöhe, von der aus man das gesamte Fellatal überblicken kann. Er erkannte, dass man hier ein Bollwerk errichten könne, das zum Schutz der Grenze nach Oberkärnten entscheidende Bedeutung erlangen könnte. So gab der junge Hauptmann, nicht umsonst Ingenieur, seinen Leuten den Befehl, neben der Straße über das Gebirge zwei Blockhäuser zu bauen. Vor ihnen, gedeckt durch Palisaden, ließ Hensel die Geschütze auffahren; mit denen wollte er den Franzosen den Weg über das Gebirge verwehren. Sicher, es gab noch andere Wege über das Gebirge, aber nur dieser eine war geeignet für den Übergang einer ganzen Armee. Und hier, an dieser Stelle, hatte sich Hauptmann Hensel mit seinen 239 Mann verschanzt und wartete auf den Feind. Hauptmann Hensel ergibt sich nicht. Er hat die kleine Verteidigungsanlage erbaut, er wird auch hier ausharren, bis der Rückzug der österreichischen Truppen gesichert ist. Der junge Kommandant der Kaiserlichen schickt den Emissär der Franzosen wieder zurück.

Am 15. Mai greifen die Franzosen zum ersten Mal an. Wie eine Sturmflut kommen sie heran, doch sie laufen ins Verderben. Die Österreicher schießen auf kurze Entfernung und sie schießen mit Kartätschen. Diese Geschoße reißen große Löcher in die Reihen der Franzosen. Die Blockhäuser sind vom Ort aus nur über den Weg zu erreichen und auf dieser Strecke bleiben die Franzosen immer wieder liegen. Ein Angriff nach dem anderen wird vergebens gegen die zwei Blockhäuser geführt. Nach wenigen Stunden brechen die Franzosen den Kampf ergebnislos ab. Eugene Beauharnais schickt noch einmal einen Unterhändler zu Hauptmann Hensel. Das neuerliche Ultimatum des französischen Kommandanten wird abermals abgelehnt. Die Bollwerke der Österreicher scheinen auch am 16. Mai uneinnehmbar.

In der Nacht zum 17. Mai riskieren die Franzosen einen neuerlichen Vorstoß.

Nun befinden sich die Österreicher in einer echten Notlage. Sie haben keine Leuchtkugeln mehr und es ist schwer, bei Finsternis zu zielen. Die Situation scheint ernst zu werden und Hensel sucht verzweifelt nach einem Ausweg in seiner schwierigen Lage. Die Franzosen kommen näher, die ersten Gewehrschüsse bellen auf, doch die Geschütze der Österreicher sind nicht in der Lage zu feuern, weil sie nicht zielen können. Soll dieser Angriff schon das Ende bedeuten? Da meldet sich einer der Österreicher zu einem gefährlichen Wagnis. Hauptmann Hensel willigt ein, es ist auch seiner Meinung nach die einzige Möglichkeit, dieser schrecklichen Nacht ein Ende zu bereiten. In der Finsternis, die nur vom Gewehrfeuer der Kämpfenden immer wieder für Bruchteile von Sekunden er- hellt wird, schleicht Kanonier Burgsthaler hinaus, um sein Unternehmen auszu- führen. Burgsthaler weiß, dass, wenn er sein Ziel nicht erreicht, seine Kameraden den Franzosen ausgeliefert und verloren sind. Nach bangen Minuten hat er seinen Bestimmungsort, das Ham- merwerk erreicht. In das Gebäude, das vorwiegend aus Holz gebaut ist, wirft er zwei, drei, brennende Fackeln. Die Nacht wird plötzlich zum Tag. Und da krachen auch schon die ersten Salven aus den österreichischen Geschützen. Die völlig überraschten und entsetzten Franzosen fliehen in wilder Panik vor dem genau liegenden Feuer der Eingeschlossenen. Nun lässt sich Vizekönig Eugene Beauharnais nicht länger zurückhalten. Er hat schon genug Zeit verloren, die Verluste sind auch schon beträchtlich. Dieses Häufchen Österreicher muss doch überrumpelt werden können. Der Vizekönig befiehlt den Generalangriff.

Als der Morgen graut, haben kleine Trupps der Franzosen von verschiedenen Seiten her den Berggipfel erklommen und stoßen von oben auf die Blockhäuser hinunter. Gleichzeitig drängen sie von unten die Bergstraße hinauf. Die elf Geschütze der Kaiserlichen schießen, was das Zeug hält. In einem Inferno von Gewehrschüssen, mit dem die Österreicher noch einmal die Franzosen aufzuhalten versuchen, erreicht der anstürmende Feind das erste Blockhaus. Die Geschütze der Österreicher sind verstummt. Die Gegner überwinden die Palisaden und das erste Blockhaus fällt nach kurzem Gefecht in die Hände der Franzosen. Um das zweite Bollwerk entbrennt ein wilder Kampf - die Österreicher sind nicht mehr imstande, das schwere Fallgitter herunterzulassen. Hauptmann Hensel wird von einer Gewehrkugel am Kopf getroffen und stürzt schwer verwundet zu Boden. Ein Arzt, der versucht, sich um den Schwerverletzten zu kümmern, wird dabei von den Franzosen niedergestochen. Hauptmann Hensel wird durch Bajonettstiche und Kolbenhiebe getötet. Als sich am 17. Mai 1809 der Abend über das heißumkämpfte Bollwerk senkt, haben 75 Österreicher ihr Leben gelassen. Der Rest der aufopfernd kämpfenden Truppe geht in die Gefangenschaft. Die Franzosen haben drei Tage verloren, ihr Verlust an Soldaten beträgt die gigantische Anzahl von 1.300 Mann. Hauptmann Hensel hat mit seinem heldenhaften Kampf einer österreichischen Armee den Rücken frei gehalten.

40 Jahre später, 1849, ließ Kaiser Ferdinand I. an der Stelle des Blockhauses von Malborghet ein Denkmal für Hauptmann Hensel und seine Soldaten errichten. In dem erbitterten Ringen und im gnadenlosen Kampf um Malborghet, in der Schlacht um die „Österreichischen Thermopylen”, wo Hauptmann Hensel mit seinen, treuen Kämpfern fiel, hatten sich unbeugsamer Wille und Soldatengeist erwiesen.