Namenspatron - Laudon


Feldmarschall Gideon Ernst Freiherr von Laudon

Ernst Gideon Laudon entstammte einem etwas bescheidenen Rittergeschlecht, das seinen Sitz in Livland hatte, etwa dort, wo das Flüßchen Ewst in die Düna mündet. Er kam als Zweitgeborener am 2. Februar 1717 zur Welt. Mit 15 Jahren schon nimmt er die Chance der militärischen Laufbahn wahr. Er tritt in die Armee des Zaren von Russland ein, macht mit seinem Regiment die Feldzüge in Polen 1733 - 1735, möglicherweise den Marsch eines russischen Hilfskorps an den Rhein 1735 und schließlich den Türkenkrieg der Jahre 1735 - 1739 mit. In diesen 7 Jahren brachte er es bis zum Leutnant bzw. Oberleutnant, was auf wenig Einfluss seiner Familie schließen lässt. Niemand hätte ihm damals zugetraut, dass er einmal der Held von Prag, Kolin, Domstadtl, Kunersdorf und zahlreicher anderer Begegnungen der schlesischen Kriege und des Siebenjährigen Krieges und vor allem der strahlende Sieger im Türkenkrieg des Jahres 1789 sein werde. Bis dahin war es aber ein harter und entbehrungsreicher Weg mit großen Strapazen.

Ein weiteres Fortkommen in russischen Diensten schien unmöglich. Laudon wollte es bei der Marine der Schweden versuchen, doch die Anfälligkeit für Seekrankheit verhinderte dies. Dann wandte er sich an Friedrich II. von Preußen; aber auch er hatte kein Regiment für ihn. Und so versuchte er es - wie Prinz Eugen - bei den Österreichern. Da er jedoch kaum Protektion besaß, musste er sich mit dem Angebot begnügen, bei den berüchtigten Trenck-Panduren zu dienen, da er Trenck selbst noch aus der Zeit bei der zaristischen Armee kannte. Der an sich etwas verschlossene, in sich gekehrte, mit seinem Geschick hadernde Mann musste nun zusätzlich hart werden, sich und anderen gegenüber, um den berüchtigten Haufen in Zucht zu halten. Nach 2 Jahren und einer schweren Verwundung hatte Laudon von den Panduren genug. Er hatte aber in dieser Zeit eine neue Taktik der Kriegskunst im Gegensatz zur alten Lineartaktik kennen gelernt: nämlich die des so genannten „Kleinen Krieges“. Dies verschaffte ihm für später einen Vorsprung an Kenntnissen und Kriegserfahrung anderen Offizieren gegenüber.

Zu diesem Zeitpunkt wollte er sogar den österreichischen Dienst wieder verlassen, erhielt aber schließlich gnadenhalber eine Majorstelle beim Liccaner-Grenzerregiment. Laudon ist sehr genau und versieht seinen Dienst hin bis zur blutigen Niederwerfung einer Rebellion in seinem eigenen Regiment. In seiner Offiziersbeschreibung aus dieser Zeit heißt es, er ist „geliebt und gefürchtet“. An sich keine schlechte Mischung für einen Truppenoffizier. Obwohl Laudon als Norddeutscher mitten unter Kroaten und Sloweniern an der Militärgrenze seinen Dienst versehen musste, konnte er mit ihnen umgehen, weil er ihnen mit seinem persönlichen bedingungslosen Einsatz imponierte und weil er trotz allem der blieb, der er war.

Als er daher - und wieder alles andere als leicht - am Beginn des Siebenjährigen Krieges ein Kommando bei der Hauptarmee bekam, ließ er durch die Unternehmungen mit seinen Kroaten aufhorchen. Er erzielte größere Erfolge als seinerzeit Trenck und das, ohne auch nur annähernd so viel zu riskieren, wie das die Panduren zu tun pflegten. Dabei wahrte er eine ähnliche Disziplin, wie sie die Linienregimenter in der Regel zu wahren pflegten. Und plötzlich war der Name Laudon in aller Munde. Umsicht und Kühnheit in der Prager Schlacht lassen ihn innerhalb von wenigen Monaten über den Obristen zum Generalfeldwachtmeister avancieren. Er erhält das Ritterkreuz des Maria-Theresien-Ordens. 1758 vernichtete er in einer der kühnsten Operationen des Kleinen Krieges den preußischen Nachschub bei Domstadtl. Drei Wochen später ist er Feldmarschallleutnant und Träger des Großkreuzes des Maria-Theresien-Ordens. Kunersdorf zeigt ihn dann erstmals als Sieger in einer großen Schlacht. Er beherrscht also genauso die Führung von Linienverbänden wie die von Grenzerregimentern. Laudon führt hier konventionell wie etwa Feldmarschall Daun. Er kann auch gar nicht anders führen, da er ja nicht hergehen konnte, die Linien und Treffen aufzulösen. Soldaten und Offiziere wären hilflos auf einem Schlachtfeld herumgeirrt, vor allem aber wären sie schon gar nicht imstande gewesen, ein Marschmanöver in Ordnung durchzuführen. Laudon konnte und wollte hier gewiss nichts ändern. Wohl aber besaß er etwas, was gerade Feldherren wie Karl von Lothringen, Traun und vor allem Daun abging: Initiative. Es war wie eine Vorwegnahme des napoleonischen „vitesse, activite“. Er überrumpelt feindliche Stellungen, legt Hinterhalte, nimmt preußische Nachschubkolonnen weg, rekognisziert, fügt dem Feind tausende Nadelstiche zu, schwächt ihn, schlägt ihn, muss selbst Rückschläge in Kauf nehmen und erringt dann wieder einen Sieg. Trotz seiner Erfolge gelang es ihm bei weitem nicht, andere von der Richtigkeit der von ihm praktizierten Kriegführung zu überzeugen.

Vor allem war die Hocharistokratie gegen ihn. Er wurde aller Intrigen bezichtigt, die es nur gab. Doch dies stimmte nicht. Im Gegenteil, er blieb beinahe bis zur Selbstaufgabe loyal und hatte offenbar nur den unausgesprochenen Wunsch, er würde auf Grund seiner Leistungen an die Spitze der Hauptarmee berufen. Auf Grund seiner Erfahrung war er der einzige, der eine zukunftsträchtige Art der Kriegsführung betrieb und sich von der Starrheit des Exerzierens am Schlachtfelde löste. Trotz seiner schließlich von allen, wenn auch widerwillig, anerkannten Fähigkeiten musste Laudon bis zum Ende des Siebenjährigen Krieges hinter Daun zurückstehen.

Man kann nicht sagen, dass ihm dies nichts ausgemacht hätte. Als daher der Krieg 1763 zu Ende war, wollte er in sächsische Dienste treten. Dies zerschlug sich. Laudon haderte mit seinem Geschick. Er verkaufte 1777 sein Gut in Böhmen, erwarb ein Gut in Hadersdorf bei Wien und beschäftigte sich mit philosophischen und religiösen Problemen, suchte sich einen Platz für sein Grab und ließ sich ein Denkmal hauen, das heute noch steht.

Als Josef II. im Bündnis mit Russland einen neuen Krieg gegen die Pforte begann, wiederholte sich, was wir schon bei mehreren Gelegenheiten sehen konnten: Laudon setzte alles daran, um ein Kommando zu erhalten. Und wieder gelang es ihm nicht im ersten Anlauf. Der Kaiser bedeutete ihm, er habe schon das Seine für die Monarchie geleistet, sei zu alt und wohl auch zu krank. Der stark abgemagerte Laudon vermittelte auch sicherlich nicht den Eindruck eines gesundheitsstrotzenden Heros. Die eigentliche Schwierigkeit lag aber darin, dass Josef II. als ein fanatischer Vertreter der Aufklärung, für den alles mathematisch berechnenden, wissenschaftlich arbeitenden Feldmarschall Lacy wesentlich mehr übrig hatte, als für den alten Haudegen und Improvisationskünstler Laudon. Doch als die österreichische Armee fast schon in eine Katastrophe geschlittert war, erging der Ruf an Laudon. Mit 72 Jahren, in einem fast radetzkyschen Alter, führt Laudon die von Krankheit dezimierte und teilweise demoralisierte österreichische Armee vor Belgrad. Der Save-Übergang gelingt, die Festung wird eingeschlossen und in kürzester Zeit durch einen konzentrierten Einsatz der Artillerie und intensiven Minenkrieg sturmreif. Innerhalb einer Woche, einer für damalige Verhältnisse fast unglaublich kurzen Zeit - „fix Laudon!“ - zwingt er die Festung zur Kapitulation. Der Krieg ist zwar nicht zu Ende, doch nun zweifelt niemand mehr daran, dass der Feldmarschall den endgültigen Sieg erkämpfen würde. Die Ehren häufen sich, er ist der Mann der Stunde. Geleitet von vier Postoffizieren und 24 schmetternden Postillionen überbrachte der Neffe des Feldmarschalls die Siegesnachricht. Wien geriet in einen Freudentaumel. Spontan illuminierten die Bürger drei Nächte hindurch ihre Häuser; auf den Plätzen floss Freiwein in Strömen; und die Kunstanstalt Löschenkohl vermochte die Nachfrage nach Kupferstichen des „Türkenbezwingers“ kaum zu befriedigen. Der Kaiser heftete dem in einem wahren Triumphzug aus dem Felde heimgekehrten Heerführer sein eigenes, ganz mit Brillanten bestücktes Großkreuz des Maria-Theresien-Ordens, das eigentlich nur er als Ordensmeister tragen durfte, an die Brust.

Die Einnahme Belgrads bedeutete also auch emotionell sehr viel mehr als so und so viele Siege oder Verluste in den schlesischen Kriegen. Als Josef II. stirbt und sich Preußen - wegen der österreichischen Erfolge im Südosten beunruhigt - abermals rührt, Truppen zu massieren beginnt, übernimmt Laudon erstmals, aber auch nur für kurze Zeit, den Oberbefehl über sämtliche österreichischen Streitkräfte. Nicht ganz zwei Monate später war auch er tot.

Wenn wir Laudon über das Schlachtfeld von Kunersdorf so überlebensgroß reiten sehen, dann spüren wir um die Bedeutung des Gedichtes: „Laudon, Laudon rückt an!“ Es ist die Hoffnung, dass sich immer wieder einer findet, der wie Laudon im rechten Moment anrückt, Hilfe oder Entsatz bringt oder eine Festung nimmt.

Auszug aus dem Festvortrag von Univ. Doz. Dr. Rauchensteiner am Jahrgangsabend Laudon, am 21. Februar 1980