Namenspatron - Isonzo

Isonzo

Dort wo sich der Karst zur Oberitalienischen Tiefebene herabsenkt, zwischen dem Triglav und der Adria, strebt der Fluss Isonzo dem Meere zu. Als Italien im Mai des Jahres 1915 an die Seite der Feinde der Donaumonarchie trat, entstand am Isonzo eine hart umkämpfte Front.

Österreich-Ungarns Heer stand damals mit der Masse seiner Truppen in schweren Kämpfen an der Front gegen Russland. Die Grenzen gegen Italien deckten nur schwache Sicherungskräfte. Insbesondere an der von der Natur geschützten Grenze im Gebiet des Isonzo lagen nur wenige Landsturm-, Marsch- und Reservebataillone mit schwacher Artillerie. Ihnen gegenüber waren zwei italienische Armeen im Aufmarsch begriffen, die bis Mitte Juni 1915 eine Stärke von rund 210.000 Mann mit 820 Geschützen erreichten. Mit diesen Stoßarmeen wollte der italienische Generalstabschef Generalleutnant Cadorna, über den Isonzo hinweg, in das Becken von Laibach eindringen. Angesichts der gewaltigen italienischen Übermacht und der angespannten Lage an der Front gegen Russland musste sich das österreichisch-ungarische Armeeoberkommando auf die Defensive beschränken. Glücklicherweise begann die italienische Großoffensive erst ein Monat nach der Kriegserklärung. Bis zum 23. Juni. 1915 konnte daher die von der Balkanfront abgezogene österreichisch-ungarische 5. Armee ihre Stellungen am Isonzo beziehen. In geradezu klassischer, militärischer Kürze befahl der Kommandant dieser Armee, General der Infanterie Boroevic, seinen kriegserfahrenen Truppen: „Die Truppen bauen Stellungen, legen Hindernisse vor und bleiben dort.” Das Karstgelände erschwerte jedoch den Bau ausreichender Stellungen, sodass die Truppen am 23. Juni 1915, beim Losbrechen des ersten italienischen Großangriffs, nur zum Teil in vollständig ausgebauten Stellungen standen. Das lang anhaltende, vorbereitende, heftige Artilleriefeuer der Italiener, das durch das Karstgestein in seiner Wirkung vervielfacht wurde, verursachte darum auch besonders hohe Verluste in den Reihen der Verteidiger. Wer von den in den eingeebneten Gräben ausharrenden Kämpfern das vernichtende italienische Artilleriefeuer überstanden hatte, warf sich entschlossen den in die Stellung eingedrungenen starken italienischen In- fanteriekräften entgegen. Die Einbrüche der Italiener wurden meist von den durch das Sperrfeuer heranhastenden Reserven im Gegenstoß wieder bereinigt, bis nach neuerlicher Vorbereitung an einer anderen Stelle die zahlenmäßig überlegene Infanterie erneut in die Gräben der Verteidiger einbrach. Und immer wieder gelang es mit den letzten Reserven den Durchbruch durch die geschwächte Front zu verhindern. Alle todesmutigen Angriffe der italienischen Infanterie und das nervenzermürbende, überwältigende Artilleriefeuer der zahlreichen Geschütze des Angreifers konnten die feldgrauen Soldaten aller Nationen des österreichisch- ungarischen Heeres nicht bezwingen. In elf unsagbar harten und verlustreichen Schlachten hielt die österreichisch- ungarische Front am Isonzo stand. Hohe und höchste Blutopfer haben auch hier die Regimenter aus den Alpenländern, aus Nieder- und Oberösterreich, Wien und aus dem Sudetenland gebracht. Plava, der Monte Santo, der Monte San Gabriele, die Podgara-Höhe, der Monte San Michele, die Hochfläche von Doberdo und die Hermada waren einige der vielen Brennpunkte dieser Kämpfe, wo zehntausende Feldgraue in Erfüllung ihrer Pflicht den Soldatentod starben. Mit diesem Opfergang ohnegleichen bewies die alte kaiserliche Armee, welcher soldatische Geist noch in ihr steckte.

Nach der elften Isonzo-Schlacht im August und September 1917 musste das österreichisch-ungarische Armeeoberkommando befürchten, dass die erheblich geschwächten österreichisch-ungarischen Streitkräfte an der Isonzo-Front einem neuerlichen italienischen Großangriff nicht mehr Stand halten können. Eine Offensive mit begrenztem Ziel sollte deshalb vorerst die unmittelbare Gefahr eines neuerlichen italienischen Angriffes ausschalten. Am 24. Oktober 1917 traten deutsche und österreichisch-ungarische Truppen - vor allem wieder die bewährten alpenländischen Regimenter - im Raume Flitsch, Tolmein zum Angriff an. In einem kraftvollen, taktisch klug geführten Angriff durchstießen die Verbündeten das tief gestaffelte System der italienischen Stellungen. Vereinzelte Gegenstöße italienischer Reserven konnten den durchschlagenden Erfolg der Offensive nicht mehr verhindern. Nach dem Fall der be- herrschenden Höhen und Schlüsselstellungen flutete das italienische Heer geschlagen gegen den Tagliamento zurück. In viereinhalb Tagen verloren die Italiener 260.000 Mann. Gleichzeitig gerieten die Fronten in den Karnischen Alpen und im Osten Südtirols in Bewegung. Unter Zu- rücklassung großer Mengen Kriegsge- rätes gingen die italienischen Truppen unaufhaltsam hinter die Piave zurück, um nicht in Flanke und Rücken gefasst zu werden. Erst an der Piave, wo bereits französische und englische Divisionen eingetroffen waren, kam der Vormarsch der Verbündeten zum Stehen. Die letzte große Schlacht am Isonzo, die zwölfte in einer blutigen Reihe, war geschlagen. Zum letzten Male durchschritten die siegreichen österreichisch-ungarischen Truppen die Ebenen Veneziens.

An den Ufern des Isonzo war es inzwischen still geworden, bis zu jenen schicksalsschweren Tagen im November 1918, als die Reste des nach viereinhalb Jahren Kampf im Felde unbesiegten österreichisch-ungarischen Heeres, zerfallen im Streit der Nationalitäten, der Heimat zustrebten.

Unberührt davon künden heute und in fernen Zeiten die zahllosen Heldengräber an der einstigen Isonzo-Front vom höchsten Opfer einer Soldatengeneration für Pflicht und Vaterland.