Namenspatron - Hauptmann Hermann Kirchner


Hauptmann Hermann KIRCHNER

KIRCHNER wurde am 6. Mai 1890 zu FELDBACH in der STEIERMARK als Sohn eines Notars geboren. Nachdem Besuch der Unterrealschule und der Infanteriekadettenschule in LIEBENAU bei GRAZ wurde er am 18. August 1909 als Fähnrich zum IR. 88 eingeteilt, kam jedoch bei Ausbruch des Balkankrieges im Herbst 1912 zu dem an der montenegrinischen Grenze stehenden Bataillon IV/42, mit dem er im August 1914 in den Weltkrieg zog. Vom Balkanschauplatz gelangte er später auf den italienischen, wo er sich im Mai 1916 in SÜDTIROL den Militär-Maria-Theresien-Orden erwarb.

Nach Absolvierung des Kriegsschulkurses in LAIBACH wurde Oberleutnant KIRCHNER dem Generalstabe zugeteilt, im Januar 1918 außer der Reihe zum Hauptmann ernannt. Bei Kriegsende geriet er in italienische Kriegsgefangenschaft, aus der er erst im August 1919 zurückkehrte. Auf eigenes Ansuchen in den Ruhestand versetzt, suchte er im kaufmännischen Beruf sein Fortkommen zu finden, folgte aber im Juni 1928 dem an ihn ergangenen ruf, in albanische Dienste zu treten und wirkte dort als militärischer Organisator in verschiedenen Verwendungen durch zwölf Jahre, zuletzt in gemeinsamer Tätigkeit mit dem italienischen Besatzungstruppen. Nach der Vereinigung der albanischen Wehrmacht mit der italienischen im Juli 1940 kehrte KIRCHNER, der im albanischen Heere den Rang eines Oberstleutnants im Generalstabe bekleidet hatte, in seine Heimat zurück, wo er am 8. März in GRAZ verstarb.




Die Eroberung der ZUGNA TORTA


Schon mehrere Wochen vor dem Beginn der Maioffensive 1916 war aus SÜDTIROL die 57. ID. in die knapp südlich ROVERETO über den Nordfuß des ZUGNA-Rückens östlich bis zum Sattel von SERRADA und westlich bis zum Mt. NAGIA reichende Stellung vorgeschoben worden. Ihre Aufgabe bestand in der Wegnahme des zwischen dem ETSCH- und ARSATAL liegenden 1257m hohen, von den Italienern besetzten und mit etwa zwanzig Geschützen mittleren und schweren Kalibers bestückten Felsrückens ZUGNA TORTA. Zum Angriff am 15 Mai war die 6. GbBrig. der Division unter Mitwirkung zahlreicher Artillerie bestimmt worden, insbesondere hatte eine aus zwei Infanteriebataillonen, einer Gebirgskanonenbatterie und zwei Granatwerferzügen bestehende Gruppe längs des ZUGNA - Rückens vorzugehen.

Kommandant der 14. Kompanie des zu dieser Gruppe gehörenden Bataillons IV/42 war Olt. Hermann KIRCHNER. Er erhielt den Auftrag, aus der in der Nacht zum 15. Mai bezogenen Bereitstellung die Mitte des Westhangs der vor ihm liegenden Höhe 689 anzugreifen und in Besitz zu nehmen. Da aber die gegen letztere Höhe unmittelbar angesetzte Nachbarkompanie in der Vorrückung zurückblieb, sah sich die Kompanie KIRCHNER in der Flanke bedroht. Daher entschloss sich KIRCHNER, nicht den Westhang, sondern die Höhe anzugreifen und in Besitz zu nehmen, was ihm auch, nach erbittertem Widerstand der sich in den Kavernen und Verbindungsgräben immer wieder zur Wehr setzenden Italienern, im Laufe des Vormittags gelang. Hierbei wurden zahlreiche Gefangene eingebracht, ein Maschinengewehr und Kriegsmaterial erbeutet.

Mit der Eroberung der Höhe 689 war das erste Angriffsziel erreicht und eine Bresche in die feindliche Stellung geschlagen. Die geworfene Abteilung und ihre Reserven setzten sich auf der nächsten Höhe fest. Für den 16. Mai war der Angriff auf die Hauptstellung auf der ZUGNA TORTA geplant. Zu diesem Zweck hatte die 14. Kompanie gegen die westliche Kuppe des Bergrückens vorzugehen und die Verbindung mit dem östlich vorrückenden Bataillon III/38 aufzunehmen. Infolge des feindlichen Artillerie- und Flankenfeuers konnte die Vorrückung im besonders zerklüfteten Gelände nur sehr langsam bewirkt werden; auch ging die Verbindung mit den nachrückenden in einer Felsengewirr geratenen Kompanie des eigenen Bataillons völlig verloren. So, dass die 14. Kompanie isoliert blieb. Trotzdem setzte KIRCHNER den Vormarsch fort und erreichte, unterstützt vom Nachbarbataillon III/38, eine Stunde vor Mitternacht kämpfend den Abschnitt zwischen den Höhen 1076 und 873, etwa 600m nördlich der ZUGNA TORTA. Hierbei wurden zwei italienische Geschütze erobert.

Am 17 Mai gegen 5 Uhr setzte der Feind, nach Heranziehung von Verstärkung, zum Gegenangriff an und bedrohte vornehmlich den rechten Flügel der Kompanie KIRCHNER, an den er sich bis auf Sturmentfernung heranzuarbeiten vermochte. Trotz dieser kritischen Lage und da auch beim Nachbarbataillon ein Rückschlag eingetreten war, harrte KIRCHNER unentwegt aus, im Bewusstsein, dass ein Rückzug für ihn verlustreich, für die Nachbargruppe und vermutlich für die Gesamtlage überaus nachteilig sein würde und das mühsam erkämpfte Gelände dann nochmals zum Schauplatz schwerer Kämpfe werden müsste. Er fasste einen gewagten, aber herzhaften Entschluss; Gegenangriff, ohne auf das ungewisse Anrücken der Kompanien des eigenen Bataillons zu warten.

Von zwei Maschinengewehrabteilungen unterstützt, gelang es der Kompanie KIRCHNER um 1630 Uhr den Feind im Ansturm zu überrennen, in seine Artilleriestellung einzudringen und in dieser zwei schwere, ein leichtes Geschütz sowie an die tausend Schuss Munition zu erbeuten. Die Italiener, die 150 Mann als Gefangene zurücklassen mussten und im Rückzug die eigene Reserve mitrissen, erlitten durch Verfolgungsfeuer noch weitere Verluste. Nach dem Eintreffen zweier Kompanien in der von der Kompanie KIRCHNER erreichten Linie, ist dieser eine Entlastung und Erholung vergönnt gewesen; KIRCHNER selbst rastete nicht, sondern stellte im Laufe der Nacht zum 18. Mai fest, dass der Feind die ZUGNA TORTA gänzlich zu räumen scheine und erkannte, dass rasches Handeln geboten sei, um nicht kostbare Zeit zu versäumen.

Ohne Weisungen seiner Vorgesetzten einzuholen, doch nach kurzer Orientierung der Zugskommandanten, führte er die eigene Kompanie im Morgengrauen aus der Frontlinie vorwärts und brachte sie, dem Gelände angeschmiegt, vorsichtig an die italienische Hauptstellung heran, in die er überfallsartig eindrang und die mit dem Abschleppen von Kriegsmaterial beschäftigte Mannschaft gefangen nahm. Beträchtliche Mengen an Waffen samt Munition, Verpflegung und Ausrüstungsstücken zeugten von der überstürzten Hast, mit der die Italiener im Laufe der Nacht abgezogen waren.

Die für uneinnehmbar gehaltene Felsenfeste der ZUGNA TORTA war am 18. Mai um 5 Uhr in eigener Hand, aber die italienische Artillerie nahm sie nun unter schweres Trommelfeuer, das bis 16 Uhr andauerte und jede Verbindung von der Kompanie KIRCHNER und zu ihr unmöglich machte. Trotz empfindlicher Verluste behauptete sich diese auf dem gewonnenen Höhenrücken, gegen den der Feind größere Unternehmungen nicht mehr wagte so, dass am 19. Mai die eigene Vorrückung in südlicher Richtung gegen CONI ZUGNA fortgesetzt werden konnte.

Die Eroberung der ZUGNA TORTA, sie war im Grunde genommen das Werk einer einzigen Kompanie, stellt einen für den Feind überaus verlustreichen Durchbruch seiner Front dar, der auf eigener Seite eine verstärkte Sicherung des Raumes ROVERETO ermöglichte, zugleich die Zugänge in das ARSA- und TERRAGOLOTAL sowie PASUBIO eröffnete. Moralisch ist die Wegnahme der ZUGNA TORTA von nachhaltiger Wirkung auf die Italiener gewesen, die auf Unternehmungen im ETSCHTAL verzichteten; für die eigene Offensive war der Besitz dieses Höhenrückens, der fortan bis Kriegsende in unserer Hand blieb, von hervorragender Bedeutung.