Namenspatron - Admiral von Sterneck


Admiral Maximilian Freiherr Daublensky von Sterneck

Ein Kurzbericht des neu ernannten Vizeadmirals Wilhelm von Tegetthoff über die Seeschlacht von Lissa enthält auch die treffende Beschreibung der Rolle des jungen Linienschiffskapitäns Maximilian Freiherr Daublebsky von Sterneck zu Eh- renstein: „....das Mélée wurde stets allgemeiner und es ist schwer, in dessen Einzelheiten einzugehen, da sich die Schiffe, mit ganzer Kraft fahrend, stets kreuzten und es oftmals schwer war, Freund und Feind zu unterscheiden. Bei dieser allgemeinen Jagd gelang es dem Geschick und der Bravour des Kommandanten meines Flaggschiffes, Linienschiffskapitän Max Baron Sterneck, im Zeitraum einer halben Stunde drei sardische Panzerschiffe anzulaufen, zwei davon wurden schwer beschädigt, die Flagge des einen herabgerissen, das dritte, der „Re D’Italia” war in den Grund gebohrt und versank binnen zwei Minuten mit einer Besatzung von mehr als 600 Mann...die italienische Flotte trat infolgedessen den Rückzug an und die Schlacht war entschieden.”

Das Gemälde von Anton Romako, das den entscheidenden Rammstoß mit dem frontalen Blick auf die Brücke der Panzerfregatte „Ertherzog Ferdinand Max” festhält, zeigt Sterneck an der rechten Seite Tegetthoffs stehend, das Auftreffen des Rammsporns seines Schiffes auf den Rumpf der „Re d´Italia” jede Sekunde erwartend. Fast vergessen wird heute dabei, dass auf der ungepanzerten, ja manchmal sogar völlig freiliegenden Kommandobrücke die Offiziere eines damaligen Kriegsschiffes der kaiserlichen Marine nicht nur durch Granatsplitter, sondern auch durch Geschoße aus Hand- feuerwaffen und nicht zuletzt durch herab fallende Teile der Takelage extremer Gefahr ausgesetzt waren. Dies wurde durch den Tod von zwei österreichischen Kommandanten in der Seeschlacht von Lissa deutlich genug bewiesen: Linienschiffskapitän Heinrich Freiherr von Moll und Linienschiffskapitän Eric of Klint, die Kommandanten der Panzerfregatte „Drache”, bzw. der Schraubenfregatte „Novara”, hatten durch Gewehrfeuer von den gegnerischen Schiffen her den Tod gefunden.

Die seemännische Leistung und die erfolgreiche Führung des Flaggschiffes von Konteradmiral Tegetthoff bei Lissa führten dazu, dass Sterneck zum Ritter des Militär-Maria-Theresien-Ordens promoviert wurde.

Es sollte in diesem Zusammenhang allerdings noch erwähnt werden, dass auch der Vater des letzten Ritters des Militär-Maria-Theresien-Ordens, Gottfried Freiherr von Banfield, Richard Banfield, als junger Artillerieoffizier auf der „Erzgerzog Ferdinand Max” bei Lissa unter dem Kommando Sternecks gekämpft hat.

Wie war denn eigentlich dieser 37-jährige Linienschiffskapitän zu so einer außergewöhnlichen Karriere gekommen?

Seine Jugend in Klagenfurt war in eher bescheidenen wirtschaftlichen Umständen verlaufen. Der Vater - ein Staatsbeamter - und die Mutter hatten dem lebensfrohen Buben eine gute Erziehung angedeihen lassen, die ihm sicher bei seinem Eintritt in die Marineakademie, damals noch im „österreichischen Venedig” gelegen, erleichtert hat. Seine frühe Laufbahn, zwischen dem Sturmjahr 1848 und dem Beginn des österreichischen Rückzugs aus Norditalien 1859, zeigt einen jungen unbekümmerten Marineoffizier, der - wie zahlreiche seiner Kameraden in Marine und Heer - sich oftmals in Geldnöten befindet und dies auch seiner geliebten Mutter in Briefen anvertraut: „Mir geht es mit den Finanzen schlecht, dies verbittert mir manche Stunde”.

Trotzdem versuchte er sich seit seiner Ernennung zum Kadetten am 1. Mai 1848 ständig in den schwierigen nautischen Fächern weiterzubilden, da seine Ausmusterung aus der Marineakademie ihm wohl einen Grundstock an Wissen und Können mitgegeben hatte, die schwierige Praxis aber erst in vielen Jahren erlernt werden musste. Vorerst auf der Fregatte „Bellona” eingeschifft, wechselte er auf die Brigg „Venus”, bevor er selbst ein Kommando bekam. Auch als Kommandant von kleinen Schiffen lastete eine hohe Verantwortung für die Besatzung und das wertvolle Schiff auf dem Kommandanten.

Der Durchbruch für den ehrgeizigen jungen Offizier kam jedoch im Mai des Jahres 1864, als er überraschend zum Kommandanten der Fregatte „Schwarzenberg” ernannt wurde, die unter Konteradmiral Tegetthoff in die Nordsee entsandt worden war um das dänische Blockadegeschwader an der deutschen Nordseeküste zu bekämpfen. Ein kriegsmäßiger Einsatz ergab sich jedoch für den jungen Kommandanten daraus nicht mehr.

Knapp zwei Jahre später, am 4. Mai 1866, wurde er Kommandant der noch nicht völlig einsatzbereiten Panzerfregatte „Erzherzog Ferdinand Max”, die noch nicht fertig ausgerüstet war und sich noch in ihrer Erprobungsphase befand.

Es fehlt hier die Zeit, um eine, - wenn auch nur kurze - Darstellung und eine militärgeschichtliche Würdigung der Seeschlacht von Lissa vorzunehmen, deren überraschenden Ausgang wohl niemand in den höheren Führungsebenen der großen Marinen der Welt erwartet hatte: Es soll aber das Urteil eines sicher unverdächtigen Richters aus unseren Tagen genannt werden:

Der bekannte italienische Marinehistoriker Alberto Santoni spricht in seinem 1983 veröffentlichten Buch „Da Lissa alle Falkland” mit höchstem Lob von den Leistungen der Offiziere und Mannschaften der österreichischen Marine in jenem denkwürdigen Juli 1866. An Zahl und Qualität der Schiffe sowie artilleristisch klar unterlegen, durch Geschicklichkeit, Kühnheit aber sicher auch durch einiges Glück konnten sie einen klaren taktischen Seesieg erringen.

Hart geht er dagegen mit dem italienischen Admiral Persano ins Gericht, der aus seiner Überlegenheit nichts zu machen verstand und teilweise chaotisch agierte. Der italienische Kapitän Faa di Bruno wollte den Untergang seines Schiffes, der „Re D’Italia” nicht überleben und erschoss sich knapp vor dem Untergang auf der Kommandobrücke.

Für dessen Gegner Sterneck brachte seine Waffentat am 29. August 1866 die Promotion zum Ritter des MMThO.

Als Militärhafenkommandant von Pola und Leiter des Ausbildungswesens auf den Schulschiffen reformierte Sterneck in den folgenden sechs Jahren die gesamte praktische Ausbildung in der Marine. Besonders erwähnt zu werden verdient seine Teilnahme an der Vorbereitung der österreichisch - ungarischen Polarexpedition im Jahre 1872, wo er den Förderer dieser Unternehmung, Graf Wilczek, im Sommer 1872 auf dessen Jacht „Isbjörn” als Kommandant des Schiffes begleitete. Ein weiterer bedeutender Karrieresprung war die im Jahr 1875 erfolgte Ernennung zum Kommandanten des Seearsenals in Pola, bevor er am 17. November 1883 zum Chef der Marinesektion des Reichskriegsministeriums und zum Marinekommandanten als Nachfolger von Admiral Friedrich Pöck ernannt wurde.

Bei seiner Kommandoübernahme hatte Sterneck einen Admiralbefehl erlassen, aus dem folgende Sätze bemerkenswert sind:

„...Die Seewehrkraft der Monarchie im Geiste der modernen Kriegstechnik zu entwickeln, die Leistungsfähigkeit der Flotte durch intensivsten Dienstbetrieb im Inneren der Kriegsmarine zu heben und zu kräftigen - diese Aufgaben halte sich jeder vor Augen; wir werden sie lösen, wenn jeder einzelne nicht nur seine geistigen Kräfte unausgesetzt verwertet, sondern auch der edelsten militärischen Tugend ein Gedenk bleibt: jene Selbstverleugnung, welche immer nur das Beste des Ganzen will.”

Es war dies zweifellos eine Epoche im Marinewesen, die, obwohl es praktisch keine bewaffneten Auseinandersetzungen zur See im europäischen Raum gab, von einer tatsächlichen technischen und letztlich auch von einer taktisch - operativen und strategischen Revolution gekennzeichnet war. Der Dampfantrieb hatte in fast allen Marinen zum raschen Verschwinden der Takelage bei den Kriegsschiffen geführt. Segelschiffe wurden fast ausschließlich für die Ausbildung verwendet. Seit der Zeit des Krim-Krieges führte die Verwendung von eisernen Panzerplatten dazu, dass es immer weniger Schiffe mit einem Rumpf aus Holz gab. Immer mehr Schiffe wurden mit modernen Hinterladergeschützen bestückt, die bald panzerbrechende und hochexplosive Granaten verschossen. Ein mit Pressluft angetriebenes Unterwassergeschoß - der Torpedo - sollte sich wenige Jahre später als immer gefährlichere, ja sogar tödliche Waffe für Kriegsschiffe aller Größen erweisen.

Obwohl man in der Marine der Donaumonarchie sehr wohl diese Entwicklungen beobachtete, analysierte und zum Teil - wenn auch langsam – mit vollzog, so war es bei der Begrenztheit der finanziellen Mittel völlig klar, dass mit der italienischen oder gar der französischen Flotte im Mittelmeer niemals eine Parität zu erreichen war.

Zwei Panzerschiffe, zwei Panzerkreuzer, acht weitere kleinere Kreuzer sowie zehn größere Torpedofahrzeuge und 55 kleinere Torpedoboote konnten in der Ära Sterneck in Dienst gestellt werden. Ebenso wurde die Donauflottille durch den Bau von gepanzerten Turmschiffen, den Monitoren, erheblich verstärkt.

Sterneck schätzte die Möglichkeiten für den Ausbau der Marine durchaus realistisch ein. Eine Hochseeflotte war bei der budgetären Lage nicht zu bauen, ja selbst der Bau einzelner großer Linienschiffe war in seinen Augen nicht sinnvoll. Vielmehr sollte die eigene Küstenverteidigung durch kleinere Panzerschiffe, die durch eine große Zahl an Torpedobooten unterstützt werden sollten, gewährleistet werden und für den Gegner ein hohes Risiko mit der Gefahr empfindlicher Verlust an großen Schiffen durch nächtliche Torpedoangriffe darstellen. Diese „Jeune Eco- le” als strategisches Leitbild der Marineoperationen war wohl im republikanischen Frankreich entstanden, wurde aber - auf den ersten Blick paradoxerweise - von Erzherzog Albrecht, dem Generalinspek- tor des k.u.k. Heeres, einem eher konservativen Militär, durchaus mit Interesse aufgegriffen. Da ein ozeanischer Kreuzkrieg für die k.u.k. Kriegsmarine durch die strategische Lage der Habsburgermonarchie ohnehin nie ernsthaft in Betracht zu ziehen war, blieb dieser Teil der maritimen Strategie und Operationsführung, der wohl einzig praktikable. Sternecks nüchterne Beurteilung der Möglichkeiten für den Ausbau und einen eventuellen Einsatz der Marine führten zu einer guten Zusammenarbeit mit Erzherzog Albrecht, der als „graue Eminenz” die Wehrpolitik der Habsburgermonarchie bis zu seinem Tod im Jahr 1895 maßgeblich bestimmen sollte.

Noch einige Tage vor seinem Tod am 5. Dezember 1897 schien Sterneck unbewusst Bilanz über seine fast fünfzig Jahre währende Tätigkeit für die Marine seines Vaterlandes zu ziehen:

„Langsam wachsen die Mittel und mir bleibt die Genugtuung, doch auch etwas, wenn nicht geleistet, so doch angebahnt zu haben.”

Mit der ihm eigenen Bescheidenheit hatte er hier zweifellos ein „noble understatement” gemacht.

In seine letzte Zeit als Befehlshaber der k.u.k. Marine fiel - vor genau hundert Jahren - der erste wirklich „friedenserhaltende Einsatz” des k.u.k. Heeres und der k.u.k. Kriegsmarine zur Beendigung der Feindseligkeiten zwischen der griechischen und der türkischen Volksgruppe auf der Insel Kreta. Wie erfolgreich - nicht zuletzt durch die jahrelange Arbeit der kleine österreichische Flottenverband und ein Bataillon des k.u.k. Infanterieregiments Nr.87 gemeinsam mit anderen Schiffen und Kontingenten einer internationalen Streitmacht in einem von beiden Seiten mit äußerster Brutalität geführten Krieg wirken konnten, zeigt folgendes Beispiel:

Ein später im Ersten Weltkrieg hoch ausgezeichneter Offizier der k.u.k. Kriegsmarine, der damaligen Fregattenleutnant Paul Pachner, konnte, nachdem eine Gruppe von griechischen Aufständischen die Tochter des türkischen Gouverneurs von Kreta entführt und gedroht hatte sie zu töten, diese davon überzeugen, dass das Mädchen ein unschuldiges Opfer dieses Krieges wäre und es ein grausames Verbrechen darstellen würde, wenn Christen eine solche nicht zu rechtfertigende Bluttat begehen würden.

Wie der bekannte Schweizer Militärpublizist Divisionär Gustav Däniker schreibt, sollte dem „Miles protector”, dem schützenden Soldaten, am Anfang des einundzwanzigsten Jahrhunderts eine immer größere Bedeutung zukommen. Österreichische Soldaten konnten aber auch schon vor hundert Jahren auch als „Schützer und Helfer” wirken, so unterschiedlich die gesellschaftlichen Systeme zum heutigen auch sein mögen. Auch der erwähnte Paul Pachner war ein Mann, der in der Ära Sterneck ausgebildet worden war und der nicht nur Fachwissen, sondern auch moralische Kompetenz wahrhaftig mitbekommen und praktiziert hat.

Unsere sehr kurze historische Betrachtung des Lebens und die Beurteilung des Wertspektrums von Maximilian von Sterneck sollte also dazu führen, dass sich ein Gedankenkreis nach hundert - oder auch nach dreißig Jahren - soweit er die Geschichte der Theresianischen Militärakademie betrifft - schließt.

Die Ausmusterung des Jahrganges Lissa im Jahr 1966, die Ausmusterung des Jahrganges Tegetthoff 1977 und der Jahrgang Sterneck, dem heute am 10. Jänner 1996 sein Jahrgangsabzeichen verliehen und der 1998 ausgemustert werden wird, zeigen nicht nur eine eigentümliche thematische Geschlossenheit, sondern auch ein ernsthaftes und kritisches Suchen nach Werten, die zeitlos sind und für den österreichischen Offizier als Richtschnur auf einem Weg dienen können, der in den nächsten Jahren sicher nicht leichter als bisher zu gehen sein wird.

Dass sie ihren Beruf im Bewusstsein äußerst knapper Ressourcen, die ihnen zur Verfügung stehen werden - mit denen schließlich auch Maximilian Freiherr von Sterneck arbeiten musste - trotzdem mit Freude und Engagement ausüben werden, wünsche ich ihnen von ganzem Herzen.

Dr. Wolfgang Etschmann